Ein Jahr dauert 365 Tage und diese Zeit kann sehr schnell vorbei gehen. Noch im Februar 2014 begann ich mein Referendariat erwartungsvoll und auch ein wenig mit Sorge. Einige Unterrichtswochen später halte ich im Januar 2015 bereits mein Zeugnis in der Hand. Ein guter Lehrer bin ich jetzt – so steht es jedenfalls im Zeugnis des zweiten Staatsexamens. Eine Gelegenheit für einen kurzen Rückblick.
Unter dem Titel: „Wie ein Referendar seinen ersten Kreidestaub inhaliert“ habe ich diesen Blog vor mehr als einen Jahr gestartet. Auch wenn ich meist an Whiteboards mit drei Stiften jongliert habe, habe ich in dieser Zeit eine Menge über den Mikrokosmos Schule, aber vor allem über mich gelernt. Was für eine Lehrerpersönlichkeit bin ich? Wie funktioniere ich? Wo sehe ich meine Grenzen im Beruf und wie kann ich mein Leben mit dem Beruf vereinbaren?
Gut vorbereitet durch einjähriges Referendariat?
Viele angehende Referendare, so auch ich, fragen sich ob so ein einjähriges Referendariat gutgehen kann. Fühlt man sich vorbereitet und kann man genügend Praxiserfahrungen sammeln? Die Antwort wird sicherlich stets zwiegespalten ausfallen. Genügend Praxis kann man wahrscheinlich in keinem Referendariat Deutschlands sammeln, sodass man schlussendlich auf alle Situation vorbereitet ist. Wenn man aber akzeptiert, dass der eigene Lernprozess nach dem Referendariat bei weitem nicht abgeschlossen ist, kann man mit den Erfahrungen aus etwas mehr als 35 Unterrichtswochen gut leben. Ich möchte auch in Zukunft im regen Austausch mit Kollegen stehen und anderen Unterricht hospitieren. Perfekt vorbereitet auf das Leben danach kann man sich wohl auch kaum fühlen. In Sachsen unterrichten Lehrkräfte in Vollzeit 26 Unterrichtsstunden, im Referendariat sind es höchstens 12. Es stellt sich die Frage, wie man diesen Übergang schaffen soll ohne jede Nacht mit Vorbereitungen zu verbringen. Da hilft nur grenzenloser Optimismus und die Gewissheit, dass es bereits Generationen von Referendaren vor einem selbst geschafft haben – es muss also gehen.
Was bleibt – die Erfahrungen
Doch welche Erfahrungen stechen aus dieser kurzen Ausbildungszeit heraus? Sicherlich die tolle Arbeit mit meinen Mentoren und Betreuern an der Ausbildungsschule. Ich bin mir im Klaren darüber, dass nicht jeder Referendar ein solches Glück haben kann, aber ich hatte es. Daher kann ich allen Referendaren nur die Daumen drücken, dass sie an wenigstens einen Mentor geraten, der in der Lage ist konstruktives Feedback zu geben und mit dem es menschlich passt. Die Zeit im Referendariat ist allerdings sehr knapp bemessen, um ausgewachsene Krisen zu durchleben. Ich hatte das Glück, nach den Sommerferien Probleme mit Motivation und schließlich der Strukturierung von Unterricht zu bekommen, denn ich habe dabei viel mehr über mich gelernt als erwartet. Das Ende vom Ref bedeutet aber auch, endlich keine Prüfungen mehr abzulegen! Es gibt keine zwingenden Gespräche mehr über den Ausbildungsverlauf sowie „Zwangshospitationen“, um Stundenkarten zu füllen.
Im zurückliegenden Jahr habe ich natürlich auch nette Schüler erlebt, die aber kaum stellvertreten für die übliche Heterogenität in deutschen Klassenzimmern stehen. Ich habe bestätigen können, dass mir die Arbeit mit jungen Menschen große Freude bereitet, auch wenn eine 5-minütige Pause kaum ausreicht, um sich mental von der fünften Klasse zu verabschieden und sich auf einen Mathematik-Leistungskurs einzustellen. Darüber hinaus glich keine Schulwoche der anderen. Eine normale Schulwoche – gibt es die überhaupt und wie würde man die beschreiben? Es reift die Erkenntnis: Irgendwas ist immer!
Was bleibt – die Geschenke
Obwohl Weihnachten gerade erst wenige Wochen zurück lag, fühlt sich das Ende des Referendariats genauso an. Ständig Geschenke und Blumen: Verabschiedung hier, Blumen dort, Händeschütteln gleich danach, Zeugnis in die Kamera halten, lächelnd den Pralinenkasten präsentieren – famos! Die Abschiedskarten der jüngeren Schüler werden mir aber besonders im Gedächtnis bleiben. In einer findet sich der wunderschöne Satz:
Wir finden es sehr schade, dass Sie von uns gehen.
Da kann ich nur zustimmen, freue mich aber natürlich gleichzeitig über neue Aufgaben an einer neuen Schule, die ich lebendig bewältigen darf. Ein kurzes Gedicht eines 12-jährigen Schriftstellers erwärmt das Herz aber ebenso:
Wir sind Ihnen dankbar für Ihr Bemühen, Ihr Wissen wird in uns weiterglühen.
Ich verlasse meine Ausbildungsschule also mit einem lachenden und einem weinenden Auge – und noch weiteren Geschenken, darunter der ultimativen Physikertasse vom CERN und einem Calcit der Extraklasse, um der Jahrgangsstufe fortan die Doppelbrechung näher zu bringen. Wer sich jetzt fragt, wie man sich über so etwas freuen kann verstehe ich gut, aber so ist es halt. Mit Sanduhr und Glocke bin ich aber auch für die nächsten Gruppenarbeiten gut ausgerüstet.
So geht es weiter
Während des Jahres gab es an der Ausbildungsschule ein Kommen und Gehen – Referendare, Lehrkräfte und Praktikanten wurden begrüßt und verabschiedet und nun bin ich also an der Reihe. Ich habe mich risikoreich lediglich in Sachsen beworben und eine unbefristete Vollzeitstelle erhalten. Die Schule bedeutet natürlich unzählig viele neue Namen und Gesichter, gleichermaßen verringert dies aber die Gefahr, als ewiger Referendar zu gelten. Außerdem verringert sich mein Arbeitsweg von 1 Stunde für die Hin- und Rückweg auf 10 Minuten täglich – schon wieder Glück gehabt. Da ich mich nun also als Lehrkraft und nicht mehr als Studienreferendar bezeichnen darf, muss auch der Untertitel des Blogs geändert werden!
Wie ein Junglehrer noch mehr Kreidestaub inhaliert.
Das klingt doch gut, hört sich agil und dynamisch an … und sieht außerdem auf dem eigenen Konto viel besser aus. Es geht also weiter und ich hoffe, ich kann mich in diesem Blog weiter über lustige, erstaunliche oder kritische Momente des Lehrerlebens ergießen und würde mich freuen, wenn ihr weiterhin dabei seid!
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