Heute ist endlich wieder ein Kuchenbasar. Da wird der Vielfraß in mir hellhörig. Eine zehnte Klasse hat sich erbarmt und mein Wunschdenken erhört. Das wurde aber auch Zeit, schließlich haben wir eine butter- und zuckerarme Zeit von drei Wochen überbrücken müssen. Unerträglich! Umso fröhlicher haben mich die Ankündigungen diese Woche im Schulhaus gemacht. Ich habe den Termin gleich rot in meinen Lehrerkalender eintragen, denn das darf man nicht verpassen. Schließlich gibt es (fast) etwas umsonst!
Zweifelsohne zählen Kuchenbasare zu den kulinarischen Höhepunkten des Schullebens und werden nur durch das bewährte Lehrerfrühstück im Lehrerzimmer getoppt. Das gibt es auch zu selten! Die Zusammenkünfte der Lehrer vor den Ferien, zu denen allerlei Selbstgemachtes, Knabbereien und Getränke mitgebracht werden sind aber konkurrenzlos und daher außerhalb der Wertung. Endlich braucht also eine Klasse wieder etwas Geld – für die Weihnachtsfeier anscheinend und anstatt den Kuchen zur Weihnachtsfeier selbst zu essen, wird dieser vorher verkauft um dann von dem Geld fertigen Lebkuchen und Kinderglühwein zu kaufen. Mir soll es Recht sein.
Preisentwicklung beim Kuchenbasar
Dabei stelle ich fest, dass ich im vergangenen Jahr Zeit durchaus Ansprüche entwickelt habe. Vor drei Wochen noch hat eine achte Klasse ihre Backerzeugnisse zu Wucherpreisen veräußert: 50 Cent je Keks und gar € 1,50 für ein Stück Kuchen wurden da verlangt. Fast so schlimm wie beim Bäcker. Als armer Studienreferendar konnte ich folglich nur zu zwei Keksen greifen, die die nachfolgende Stundenauswertung mit den Mentoren versüßt haben. Diesen Wucherpreisen kann man aber durchaus etwas Positives abgewinnen. Denn offenbar haben die Schüler erkannt, wie wertvoll die Ressourcen und ihre Zeit sind und beginnen marktwirtschaftlich zu denken.
Ganz anders dagegen die 10. Klasse am heutigen Tag. Man sollte meinen, die sind schlauer, schließlich sind die Schüler zwei Jahre älter. Doch überall in der Schule wurde Kuchen gegessen. Bei den Preisen war das auch nicht verwunderlich. Hier lautete das Konzept wohl eher:
Alles muss raus und wir wollen schnell fertig sein.
Preise für den Kuchen zwischen 50 und 80 Cent je großem Stück sind die Folge – Gabel und Papierteller gibt es natürlich auch noch dazu. Die Schüler waren schnell mit dem Verkauf fertig und hatten endlich wieder ihre verdiente Pause – so kann man das also auch machen.
Folgen für Leib und Seele
So ein Kuchenbasar ist also eine prima Sache für den Bauch, aber eine schlechte Sache für die gesunde Ernährung und den Anbieter des Schulcaterings. An die armen Eltern möchte ich gar nicht denken. Optimisten könnten sogar vermuten, dass Schüler dem nachfolgenden Unterricht aufgrund des gepimpten Zuckerpegels besser folgen können. Für das Schulklima ist so eine Veranstaltung aber zweifelsohne eine prima Sache. Mich hat der Kuchen heute gerettet, denn an ein Mittagessen war bei einem vollen Stundenplan nicht zu denken. Einige Lehrer haben Kuchenbasare aber direkt in ihre Routinen eingebunden und decken sich und ihre Familie direkt ein und versorgen dadurch den gesamten heimischen Haushalt mit den Produkten der Schüler. Kann man auch verstehen, denn den wenigsten Lehrern bleibt unter der Woche Zeit zum Backen und da ist Papageienkuchen eine willkommene Abwechslung. Am besten ist aber, dass ich als Lehrer das tolle Gefühl habe, etwas Gutes zu tun. Dazu lächele ich die Schüler sogar gönnerhaft an, wenn ich zwei große Stücken russischen Zupfkuchen für einen Euro ergattere. Da sind endlich einige der niedrigen Motive befriedigt: Schnäppchensucht und Hunger.
All das führt mich zu dem Schluss, dass ein Kuchenbasar zwingender Bestandteil des Schullebens sein muss – ja sogar zur wöchentlichen Pflicht der Schüler werden sollte. Kuchen ist für die Diät und den Speiseplan des Lehrers essentiell. Hoffentlich dauert es bis zum nächsten Verkauf also nicht wieder drei Wochen.
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