Zu den regelmäßigen Aufgaben und Pflichten gehört es auch, Aufsichten während der Schulzeit zu übernehmen. Ob nun beim Mittagessen, vor Unterrichtsbeginn oder bei der großen Hofpause – es geht immer hoch her. „Aufsichtskunde“ bzw. „adequates Rummotzen“ auf dem Schulhof ist aber kein Studienfach und so kommt es, dass ich mir so langsam überlegen muss, welche Strenge ich an den Tag lege und wie sich mein Handeln auswirkt. Heißt jeder Schüler auf dem Schulhof „Ey!“ oder klappt nonverbale Kommunikation auch auf dem rauen Boden des Hofes?
Die Verantwortung wird größer, das Vertrauen in mich als Studienreferendar scheinbar auch – oder es ist einfach keiner da, der es machen will. Wie man es auch betrachten möchte, ich habe immer häufiger Aufsichten. Eine große Hofaufsicht pro Woche mindestens und das finde ich prima. Ich bin im Nahkampf mit unbekannten Schülern, kann mein Durchsetzungsvermögen schulen und gleichzeitig etwas Tageslicht auf meine blasse Haut scheinen lassen. Offiziell ist es meine Aufgabe, den Schülern das Gefühl zu geben, dass sie beaufsichtigt werden und Schüler vor körperlichen und psychischen Schäden zu schützen. Neben der Unversehrtheit noch die Dritten und Sachgegenstände schützen – das war’s schon. Ganz nebenbei erlebt man dabei eine Menge und kann etwas lernen: Der Pausenhof als Bootcamp in Sachen Durchsetzungskraft und Kommunikationsfähigkeit. Dazu kommt jedoch, dass es sich nach einigen Wochen zu bewahrheiten scheint: es gibt nichts, was es nicht gibt.
Witzige Episoden vom Schulhof
Inzwischen habe ich einige Aufsichten während der großen Hofpause hinter mir. Die nachfolgenden Situationen stammen aber aus lediglich zwei Aufsichten – bei Regen und bei Sonnenschein – damit sollten alle möglichen Situationen erfasst sein und ich bin damit wohl auf alles vorbereitet… naja, vielleicht auch nicht. Einige Aussprüche und ihre erprobte Wirkung:
[tabs_container tab1=“Dichte beim Fußballspielen“ tab2=“Basketball-Laterne“ tab3=“Fahrradständer=Klettergerüst?“ tab4=“PET-Lichtschwert“]
[tabs id=“tab1″ title=“Dichte beim Fußballspielen“ ]
Erkläre mir den Unterschied zwischen einem Stein und einem Fußball, insbesondere in Bezug auf seine Dichte! Ergebnis: Schüler bleibt sprachlos und beendet das Fußballspiel mit einem großen Stein, auch zum Wohl der Schienbeine seiner Mitschüler.[/tabs]
[tabs id=“tab2″ title=“Basketball-Laterne“ ]
Nein, die Laterne ist kein Basketballkorb! Da gibt es ganz wesentliche Elemente, die hier fehlen. Die Schüler haben immerhin kurz protestiert und Argumente gesucht, dann aber doch nur noch gedribbelt. Auftrag erfüllt: Dritte und Sachgegenstände vor Schülern geschützt![/tabs]
[tabs id=“tab3″ title=“Fahrradständer=Klettergerüst?“ ]
Der Klassiker für jede Hofpause: Ihr befindet euch nicht auf einem Klettergerüst sondern auf den Fahrradständern. Bei Wiederholungen gerne garniert mit der freundlichen Ansprache ihr kleinen Äffchen. Fazit bisher: wirkungslos.[/tabs]
[tabs id=“tab4″ title=“PET-Lichtschwert“ ]
Ein Schüler der seinen Bewegungsdrang mit einer PET-Flasche kanalisierte, indem er auf seine Mitschüler draufgehauen hat, erhielt von mir folgenden unnützen Hinweis. Du hälst da übrigens eine Plastikflasche in der Hand und kein Lichtschwert oder einen Knüppel. Das sah der Schüler dann natürlich sofort ein und wollte einen Schluck seiner Apfelschorle genießen. Die kam ihm aufgrund der vorhergehenden Verwendung aber entgegen.[/tabs]
[/tabs_container]
Die Fahrradständer auf dem Schulhof bringen aber noch ganz andere Schwierigkeiten mit sich. Schüler versuchen sich in den Pausen in Sachen Akrobatik auf ihren stehenden Fahrrädern – Voltigieren auf klapprigen Rädern sozusagen. Auf der anderen Seite müssen die Schüler den Schulhof auch mit dem Rad überqueren. Am liebsten würden dies alle fahrend tun, doch die Hausordnung verbietet das. So wird das Verletzungsrisiko bei ungeplanten Zusammenkünften mit nachfolgender Impulsübertragung minimiert und die Unfallversicherung nicht unnötig strapaziert. Diese Regel durchzusetzen steht aber dem Doch Quichotes gegen die Windmühlen in nichts nach. Es ist aussichtslos. Immerhin konnte ich hier schon Erfolge im nonverbalen Kommunizieren feiern. Böse Blicke und Rumgefuchtel scheinen die Schüler an die Hausordnung zu erinnern.
Herr Jott ist jetzt konsequent
Wie kurios sich mein Handeln als aufsichtshabende Lehrperson aber auswirken kann, konnte ich auch schon erleben. Ein Schüler, der mit dem Rad über den Schulhof fuhr bekam die ehrenvolle Aufgabe von mir, sein Rad zurück zum Tor des Schulhofs zu schieben, um dann zu den Fahrradständern zurückzukehren. Der Schüler empfand dies dermaßen sinnlos und beschämend, wie ich im Übrigen auch, dass er sein Rad daraufhin vor dem nahen Supermarkt anschloss, um sich nicht zu beugen. So war es nicht geplant und ich kriege ein Gefühl, was da auf den Schulhöfen dieses Landes noch auf mich zukommen kann.
Die Klassiker waren natürlich auch schon dabei… Ball weggenommen, Ball über den Zaun geschossen und um Hilfe gebeten (aber bevor ich nur zucken konnte, war natürlich schon ein Schüler über den hohen Zaun gestiefelt) und der immerwährende Kampf: Groß gegen Klein. „Die Großen ärgern uns und haben [dies und das getan] …“.
Gebt mir mehr Aufsichten
Ich lerne also eine Menge! Noch stören mich die Schüler und ihr Lärmpegel nicht, noch habe ich das Gefühl, etwas lernen zu können und verschiedene Reaktionen auszuprobieren, noch ist nicht Winter… Mal schauen, was in den kommenden Wochen und Monaten spannendes erlebt werden kann. Hoffentlich habe ich dann weiterhin nur einen der 1600 Quadratmeter großen Höfe zu überwachen und nicht zwei (3200 qm) sowie den Sportplatz (4000 qm). Für 7200 qm fehlen einem einzigen Lehrer dann doch vier Paar Augen und die Turbotreter aus den Pokémon Spielen … Das passiert aber nur dann, wenn Kollegen auf dem Vertretungsplan ihre Aufsicht übersehen haben. Bin mal gespannt, wann mir das zum ersten Mal passiert.
Bildquelle: „Vom Schiri“ von Rike (pixelio.de)
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