Ich kann gar nicht so genau sagen, wann das mit dem Gedanken an ein Sabbatjahr angefangen hat. Das Träumen hat zwar nie aufgehört, aber irgendwie war ich aus der Übung. Umso schöner war es dann, als der Wunsch für eine längere Zeit zu reisen wuchs, nicht nur bei mir. Schnell waren alle Möglichkeiten ausgelotet, wie als Lehrer eine längere Auszeit realisiert werden kann. Gar nicht! Moment, zwei Optionen gibt es doch: Kündigen oder ein Sabbatical beantragen. Und so ging das mit meinem Sabbatjahrmodell dann los.
In einer Reihe von Beiträgen versuche ich, einige Aspekte eines Sabbatjahrs zu beleuchten. Meine Erlebnisse und Erfahrungen stammen aus Sachsen, sind mit Einschränkungen aber auch auf andere Bundesländer übertragbar. Den Anfang machen meine ersten Schritte auf dem Weg zur einjährigen Auszeit bis zur Unterschrift des Änderungsvertrags.
Was ist ein Sabbatjahr? In einem Satz: Die Freistellung für einen begrenzten Zeitraum unter Fortzahlung des Lohns, der zuvor durch Mehrarbeit angespart wurde.
Diese Hürden liegen vor dem Sabbatjahr
Die Gründe für ein Auszeit sind so vielfältig wie ein Kollegium! Nachdem ich im Studium die Möglichkeit eines Auslandssemesters verpasst hatte, alle Freiwilligendienste im Ausland an mir vorbeigezogen waren und ich nach dem Abitur einfach zu viel Schiss hatte, mit dem Rucksack loszuziehen, kam bei mir der Wunsch nach Veränderungen mit 33! Irgendwann muss doch auch wieder Zeit für Abenteuer außerhalb des Klassenzimmers sein. Welche Begegnungen warten außerhalb der Schulflure und des Schulhofs auf mich?
In gemeinsamen Gesprächen mit meiner Schulleitung wurde schnell klar, dass die Tätigkeit als Ortslehrkraft auf mich warten muss. Das ist nicht das passende Abenteuer für mich. Eine Auszeit von drei bis sechs Monaten wäre schön, habe ich gesagt. Geht nicht? Dann halt die einzig verbliebene Möglichkeit für Freiraum: ein freies Jahr. Einige meiner Kolleginnen und Kollegen hatten in den vergangenen Jahren bereits Sabbaticals beantragt, dennoch war meine Schulleitung vorerst keine große Hilfe und wahrlich begeistert natürlich auch nicht. Immerhin habe ich bei der sächsischen LaSuB (Landesamt für Schule und Bildung) eine Ansprechpartnerin in Erfahrung gebracht.
Nach einem kurzen Kontakt habe ich dann ein Informationsblatt erhalten, welches gleichzeitig die Rechtsbelehrung und den Antrag darstellt. Auf dem Schreiben wurden alle rechtlichen Fragen rund um die Ansparregelungen erklärt. Meine digitale Kopie war sicherlich die 17. Kopie einer Kopie, erfüllte aber den Zweck. Auf dem Informationsblatt für Sachsen wird unter anderem dargelegt, was ein Sabbatjahr ist (1) und wer zur Teilnahme am Sabbatjahrmodell berechtigt ist (2). Es folgen Erläuterungen zu vertraglichen Vereinbarungen (3) und die Auswirkungen auf Arbeits- und Tarifrecht (4). Tatsächlich blieben also kaum Fragen offen und alles Wesentliche wurde mir im Vorfeld mitgeteilt.
Das Informationsblatt kannst du dir hier als Download ansehen.
Bis zur Unterschrift des Änderungsvertrags
Das Informationsblatt habe ich dann fristgemäß im April über den Dienstweg an die Personalstelle weitergeleitet. Im Vorfeld gab es noch einige freundliche Telefonate mit der zuständigen Sachbearbeiterin der LaSuB. Was mir zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst war: die Berechtigung ein Sabbatjahr zu nutzen, besteht erst nach fünf Dienstjahren. Das Referendariat wird hierbei mitgezählt. Zum Zeitpunkt der Beantragung meines Sabbats war ich gerade vier Jahre Lehrer in Vollzeit und ein Jahr Referendar – es reichte also genau. Erstaunliches wurde mir dann aber auch am Telefon mitgeteilt:
Sie sind der Jüngste, der so ein Sabbatjahr bisher beantragt hat.
Sachbearbeiterin in der Beratung
Warum eigentlich? Ist es nicht verrückt und schade, dass wir uns Freiräume erst dann erlauben, wenn die Kinder aus dem Haus sind, wir 50 oder 60 sind und dann endlich das nachholen, was schon viel zu lange ein Herzenswunsch ist?
Am 20. Juni 2019 trudelte dann, ebenso auf dem Dienstweg, der „Änderungsvertrag zur Durchführung eines Sabbatjahrmodells mit Lehrkräften, für die der TV-L gilt“ ein. Schnöde zwei Seiten, die einem Änderungsvertrag für eine Teilzeitregelung sehr ähnlich sind. Trompeten und Fanfaren? Fehlanzeige. Zur Feier des Tages habe ich wenigstens mit Kollegen angestoßen und den Moment der Unterschrift bildlich festgehalten.
Weitere Überlegungen: Arbeitsplatz, Angestellte und Beamte
Zur Zeit der Beantragung meines Teilzeitmodells ging es in der sächsischen Schulentwicklung hoch her. Frank Haubitz (Schulleiter und Kulstusminister für ein Vierteljahr) hatte 18 Monate zuvor so laut nach Beamtentum geschrien, dass Kultusminister Piwarz gar nicht anders konnte! Gerade war also die Verbeamtung für Lehrer in Sachsen beschlossen worden. Ich habe ebenfalls mit dem Gedanken einer Verbeamtung gespielt. Die private Krankenversicherung und das Sabbatjahr hielten mich jedoch davon ab. Heute bin ich darüber sehr glücklich!
Weitere Gedanken zu meiner Entscheidung, nicht Beamter zu werden, liest du hier.
Denn mit Beginn der Verbeamtung beginnt ein neues Arbeitsverhältnis. Mein Timeout und eine Weltreise wären damit weitere fünf Jahre in die Zukunft gewandert. Diverse nützliche Auskünfte zu diesen Schwierigkeiten erhielt ich dabei auch von der Rechtsreferentin der LaSuB.
Durch das Sabbatjahrmodell besteht auch kein Anspruch darauf, nach der Freistellung an den gleichen Arbeitsplatz zurückzukehren. Durch ein Sabbatical ist also, auch für Angestellte, der Wechsel der Stammschule möglich. Durch zahlreiche Aufgabenfelder, die ich neben der normalen Lehrtätigkeit ausgeübt habe, war ich jedoch zuversichtlich, dass so ein Wechsel bei mir nicht stattfindet. Und tatsächlich: bisher kenne ich keine Kollegin oder einen Kollegen, der tatsächlich allein aufgrund des Sabbatjahrs nicht in sein bisheriges Kollegium zurückgekehrt ist.
Arbeitsphase und Freistellungsphase – Planung und Steuern bedenken
Ich habe mich für die brutale Variante 1/2 entschieden. Ein Jahr arbeiten und ansparen, um dann im zweiten Jahr freigestellt zu werden. Aus 100% Arbeitsumfang und Entgelt wurden dann:
- 50% Entgelt bei 100% Arbeitsumfang in dem einen Jahr der Arbeitsphase
- 50% Entgelt bei 0% Arbeitsumfang im Freistellungsjahr
Wenn du zur Miete wohnst oder weitere finanzielle Verpflichtungen hast, kann ich von dieser Variante im Nachhinein eigentlich nur abraten. Wir konnten die Freistellungsphase aber kaum erwarten und haben daher nach dem Prinzip Hoffnung in den sauer-süßen Apfel gebissen. Vorteilhaft ist jedoch, dass durch die geringere Besteuerung des kleineren Einkommens ein etwas größeres Netto als 50% am Monatsende überwiesen werden. Statt der 50% waren es bei mir immerhin ca. 55% des vorherigen Nettobetrags als lediger Arbeitnehmer.
Etwas Vorausplanung bietet sich also an, um die Einkommensunterschiede nicht zu groß werden zu lassen, vielleicht möchtest du schließlich in der Arbeitsphase noch für den lang gehegten Traum sparen? Zu weit in die Zukunft würde ich das freie Jahr aber auch nicht legen. Wer kann schon vier, fünf oder mehr Jahre in die Zukunft blicken. Für mich sind die Varianten 2/3 bzw. 3/4 der optimale Zwischenweg, also zwei Jahre ansparen im dreijährigen Modell oder drei Jahre ansparen und im vierten Jahr freigestellt zu werden.
Bedenken musst du natürlich auch, wie dein Partner oder deine Partnerin zum selben Zeitpunkt Freiräume schaffen können. Bei uns war es aufgrund einer Selbstständigkeit wenigstens an dieser Stelle ganz leicht planbar.
Das Abenteuer geht erst richtig los
Zum Zeitpunkt der Unterschrift wusste ich dann, dass ich noch 14 Monate im Schuldienst stehe, ehe die Weltreise beginnen kann. Diese Zeit war eine der unfassbar spannendsten und emotionalsten Phasen meiner bisherigen Tätigkeit als Lehrer. Denn weiter in Vollzeit zu arbeiten, nebenbei aber eine Weltreise zu planen war aufregend, aber fordernd. In der Schule weiter das Beste zu geben, gleichzeitig aber auf Abschiedstournee zu sein. Glücklicherweise habe ich dadurch manches nicht mehr mit der letzten Verbissenheit und mit mehr Gelassenheit betrachtet. Das hat mir definitiv nicht geschadet.
Besonders schwierig bei der Entscheidung für das „schnelle Sabbatjahr“ war für mich, dass ich meine geliebte Klasse nach fünf gemeinsamen Jahren als Klassenlehrer abgeben würde: von der 5. bis zur 9. Klasse zusammen – die 10. Klasse würden sie dann schon ohne mich schaffen, ehe ich zur Kursstufe dieses Jahrgangs zurück bin.
In diese emotional aufwühlende und zeitlich herausfordernde Zeit kamen dann im Herbst 2019 die ersten Berichte über eine hochansteckende Atemwegserkrankung aus China. Covid-19 hat dann auch meinen Zeitplan völlig durcheinandergewirbelt, aber das erzähle ich an anderer Stelle.
Bis dahin kannst du dir einen Überblick und Inspiration zum Sabbatjahr auf diesen (externen) Seiten verschaffen:
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