Es scheint nicht jeden Tag die Sonne. Auch im Referendariat wird jeder angehende Lehrer diese Erfahrung machen können und nicht nur schöne Momente erleben. Auch Krisen gehören dazu. Solche Zeiten sind aber eine tolle Chance für den Lernprozess und bieten die Möglichkeit etwas über sich als Lehrerpersönlichkeit zu erfahren.
Der Artikel schlummerte bei mir schon lange in der Schublade und ich wusste nicht so recht, ob ich über meine Krise im Referendariat schreiben sollte oder nicht. Ein Jahr später bin ich sicher, dass mir diese Zeit sehr geholfen hat, einige Dinge besser zu verstehen, zu lernen und den Hang zum Perfektionismus aus einem anderen Licht zu sehen. Doch von vorn!
Tatü-Tata – Die Probleme die sind da
Gerade ist doch das erste Halbjahr des Referendariats vorbei gewesen und die Sommerferien haben etwas Erholung und Kraft mit sich gebracht, die fürs neue Schuljahr nötig sein sollte. Nach Beginn der Sommerferien liegt nur noch ein halbes Jahr im Referendariat vor mir: nur noch sechs Monate um ein guter Lehrer zu werden, sich auf Prüfungen vorzubereiten und diese abzulegen und Material zu sammeln, bis die Kisten überquellen. Könnte man meinen. Mit diesen Gedanken im Gepäck des Unterbewusstseins gelingt kein guter Start ins Schuljahr.
Bei mir ging es in der Vorbereitungswoche los. Viel vorgenommen, nichts geschafft – könnte ein Klassiker sein, aber beim nächsten Mal wird es hoffentlich besser. Dadurch war der Start ins neue Schuljahr mit neuen Schulklassen und Aufgaben eher holprig als wohlgeplant und die Motivation wurde nicht besser.
Im einjährigen Referendariat ist man in Sachsen bereits im dritten Monat der Ausbildung in der Lage, eigenverantwortlich und ohne hospitierenden Lehrer zu unterrichten. Klingt gut und nach einer Menge Eigenverantwortung, die einem aber auch zugetraut wird, bringt aber auch Probleme mit sich. Bei mir haben sich in den letzten Wochen vor den Sommerferien kleinere Probleme insbesondere bei der Klassenführung, gut strukturierten Tafelbildern und Instruktionen eingeschlichen, die aber niemand bemerkt hat und die man so kurz vor den Ferien gerne weglächelt.
Stagnation in der eigenen Entwicklung?
Die gewachsenen Problemchen offenbarten sich im zweiten Halbjahr in der Summe dann als ausgewachsenes Problem. Gepaart mit fehlender Motivation gerät man dann schnell in ein richtiges Loch und vielleicht sogar eine Sinnkrise.
Dabei wird es Phasen der Stagnation in einer Lehramtsausbildung immer geben. Man entwickelt sich insbesondere zu Beginn des Referendariats enorm weiter, macht viele neue Erfahrungen. Doch irgendwann kann man das Gefühl bekommen, es ändert sich nichts. Fortschritte sind sicherlich noch vorhanden, aber sie werden kleiner. Die Dinge an denen man arbeitet sollten feiner werden. Wenn dann noch, wie in meinem Fall Probleme in der Struktur des Unterrichts auftreten, wird die große Bedeutung von Mentoren, Ausbildern und dem eigenen Umfeld erst so richtig klar.
Ich stand vor meinen Aufgaben und wollte endlich wieder große Schritte machen, um die Krise schnell hinter mir zu lassen. Mentoren und Ausbilder hatten allesamt gutgemeinte Ratschläge. Doch welche von den vielen Vorschlägen sind wirklich das Richtige für mich? Vor lauter Ratschlägen wirkt man unter Umständen noch verzweifelter und fühlt sich sogar verunsichert. Macht man denn alles falsch? Läuft alles gegen den Baum? Hier bewahrheitet sich durch die Vielzahl der Ratschläge der schöne Spruch:
Auch Ratschläge sind Schläge!
Raus aus der Krise
Tatsächlich brauchte es jedoch nur kleiner Entwicklungsschritte, einer Portion Optimismus und etwas Gelassenheit. Gelassenheit in einer so kurzen Ausbildung zu entwickeln, noch dazu mit dem Druck anstehender Prüfungen, gelingt sicherlich nicht jedem, aber wenn es gelingt, hilft es ungemein.
Ich habe Schritt für Schritt Tafelbilder mit etwas Literatur und dem ein oder anderen helfenden Blick in das Lehrbuch eines anderen Verlags geplant. Ich habe Schülermotivierungen nicht mehr über alles andere gestellt und mich auch mit scheinbar naheliegenden Problemorientierungen zufrieden gegeben. Wenn ich eine Idee hatte, habe ich sie erst einmal verfolgt und nicht noch weiter nach einer vermeintlich besseren Lösung gesucht. Verbessern kann und möchte ich mich schließlich auch in den kommenden Lehrerjahren noch. Geholfen hat mir aber auch, mich auf ein Ziel einer Unterrichtsstunde zu konzentrieren und nicht viele operationalisierte Lernziele auf den Vorbereitungszettel zu bringen. Dabei half mir die Fragestellung, was für mich das Wesentliche der Unterrichtseinheit ist bzw. was für den Schüler wesentlich sein sollte. Diese Maßnahmen, so einfach sie klingen, musste ich mir erst einmal wieder bewusst machen. Sie halfen den Unterricht auf Essentielles zu reduzieren und mich nicht mehr in der Theorie der Lernziele zu verrennen.
In dieser Zeit habe ich aber auch gelernt zu akzeptieren, dass nicht alles Geplante gelingt, alle Ziele sofort erreicht werden und es nicht immer aufwärts geht. Eine drohende Sinnkrise („Schaffe ich da überhaupt?! oder „Ich werde doch nie ein guter Lehrer!“ oder „Wird das irgendwann mal besser?“) konnte ich durch Gespräche mit meinen Mentoren und mit meinem Umfeld glücklicherweise vermeiden.
Während eines Referendariats wird man bemerken, dass man viele Baustellen vor sich hat. Die meisten sieht man zu Beginn der Ausbildung noch nicht, da man in voller Fahrt die ersten Erfolge genießt und kleinere Schlaglöcher akzeptiert. Doch irgendwann muss man sich auch diesen Aufgaben widmen oder sich auf die konzentrieren, die sich neu auftun. An allen Baustellen kann man nicht gleichzeitig arbeiten, daher solle man sein Augenmerk auf die Größten oder Naheliegenden richten und kleine Teilziele und Meilensteine formulieren. Dann gelingen sicher mit etwas Geduld und Gelassenheit Unterrichtsgespräche besserer Gesprächsführung und Fragetechnik oder werden Tafelbilder sauberer, übersichtlicher und nützlicher für den Schüler.
Hilft ein längeres Referendariat?
Rückblickend habe ich gemerkt, wieviel ich in dieser kritischen Phase des Referendariats gelernt habe. Letztlich war es eine Chance dazu zu lernen und ich bin froh, dass während des einen Jahres der Ausbildung nicht alles perfekt lief. Natürlich braucht man aber etwas Zeit für Lernprozesse und hier stellt sich die Frage, ob das kurze einjährige Referendariat hierfür ausreicht. Ich schätze es so ein, dass die Zeit ausreicht, solche Probleme zu reflektieren und zu bewältigen, aber in Sachsen geht man mit der Vereinheitlichung des Referendariats auf eineinhalb Jahre sicherlich in die richtige Richtung. Fakt ist aber auch, dass ein starker Rückhalt durch Familie, Freunde oder den Partner hilft. Wenn man gute Mentoren mit der Fähigkeit, konstruktive Kritik zu geben, hat und im Idealfall noch ein gutes Verhältnis zu ihnen und der Schulleitung hat, spielt die Dauer des Referendariats aber keine Rolle mehr. Denn dann besteht eine richtig gute Chance, dass jeder Referendar am Ende gestärkt aus einer Krise hervor geht und etwas wirklich Wichtiges für den künftigen Beruf gelernt hat. Am Ende besteht die Chance, gestärkt aus der Krise hervorzugehen oder wie ein Phönix aus der Asche aufzusteigen. So pathetisch braucht man es aber gar nicht, es klingt nur gut. Mir reicht ein Phönixchen, denn ganz verbrannt war ja eigentlich nichts.
Ob ein einjähriges Referendariat tatsächlich ausreicht, beschreibe ich übrigens auch in diesem Blogbeitrag: Wie und Wieso? Mein einjähriges Referendariat in Sachsen
Ich habe in der Zeit vor allem gelernt, dass es nicht schadet optimistisch zu bleiben und meine Selbstkritik etwas zu besänftigen, denn es funktioniert meist vieles gut, auch wenn man es nach einigen Monaten nicht mehr sieht. Und um bei der Metapher zu bleiben:
Trotz der Baustellen und Schlaglöcher steht man trotzdem sicher auf einer ordentlichen Straße gepflastert mit intakten Bausteinen der eigenen Ausbildung, das sollte man nicht vergessen.
Das am Ende alles gut ausging und die Krise eine große Chance zum Wachsen war, könnt ihr auch in diesem Beitrag nachlesen.
Falls ihr an anderer Stelle weiterlesen möchtet, empfehle ich euch die Kolumne von Anna van Meegen: Krisen einer werdenden Lehrerin.
Bildquelle: 065/365: Show us your smile! von Ben Smith (flickr)
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