Winterferien

Endlich! Meine ersten Ferien

Kaum sind die ersten zwei spannenden Wochen voller Hospitationen vorbei, muss ich auch schon zu Hause bleiben. Winterferien in Sachsen. Den ersten Unterricht konnte ich auch schon gestalten. Ich habe eine zehnte Klasse in Physik übernommen und der Start war holprig aber nicht misslungen. Ich dachte erst, die Schüler klatschten am Ende der Stunde aus Mitleid, aber das ist wohl der besagte Bonus eines jungen Menschen an der Schule: ihm traut man nichts zu, außer dass er nett ist und sobald er die ersten Noten vergibt, ist er genauso so ein „Disser“ wie alle anderen Lehrer.
Das Wort „Disser“ hat meinen Wortschatz bereits in der ersten Woche bereichert. Bei einer Hospitation in Musik (5. Klasse) hatten die Schüler die Aufgabe, auf Notenpapier Worträtsel zu erstellen. Die Note „a“ steht dabei für den Buchstaben a und wenn man erst einmal mit einem „dis“ begonnen hat, was liegt da näher als den „Disser“ draus zu machen (die Buchstaben, die keine Note sind, wurden einfach in das Rätsel hinein geschrieben).
Was haben wir also auf der Habenseite nach zwei Wochen? Die ersten Unterrichtseinheiten, mehr als 20 Hospitationen und Schüler, die mich wegen meiner autoritär wirkenden Ledertasche grüßen. Kein schlechter Start. Und was steht auf der anderen Seite? Eine Menge Unsicherheit im Umgang mit Schülern. Wie verhalte ich mich als Studienreferendar, wenn die Schüler nicht wie in der Hausordnung gefordert, auf dem Schulgelände vom Fahrrad absteigen? Nichts tun, nett lächeln, Zeigefinger erheben oder runterschubsen? Interveniere ich selbstbewusst, wenn so Dreikäsehoch (und das ist nicht abfällig zu verstehen) auf dem Schulhof Wackersteine in die Luft wirft und sich und seinen Mitschülern offensichtlich einen Schädelbasisbruch gönnt? Naja, so ein bisschen vielleicht. Die große Entschlossenheit und Selbstsicherheit fehlt natürlich noch, aber das kann ja noch werden.
Die Ferien wollten eigentlich genutzt werden: Stoffverteilungspläne anfertigen, Stunden vorbereiten, Unterlagen für die Seminare durchsehen. Aber auch hier zeigt sich ein Problem, welches ich schon als Schüler hatte: die Ferien sind viel zu schnell wieder vorbei. Zwischen normalen Besorgungen, Familientreffen in der Heimat und Kompakttagen konnte man immerhin mal versuchen, ob man schon effizient arbeitet. Die ernüchternde Antwort: leider nein. Nur indem man auf einen leeren Stoffverteilungsplan, den Lehrplan und das Lehrbuch starrt, füllt sich dieser natürlich nicht sofort mit Inhalten. Passend dazu sollen wir im ersten Seminar nach den Ferien erfahren, wie man eine Stoffverteilung plant, immerhin nicht erst nach Ostern.
Mitten in den Ferien stehen die ersten Kompakttage der Ausbildung an. Was sich als vermeintliche Klassenfahrt für Erwachsene getarnt hat, ist eine witzige und nett gemeinte Aneinanderreihung von Seminaren in der Provinz, die dem Zweck dienen sollen, einige andere Leidensgenossen und die eigene Seminargruppe besser kennen zu lernen. Das hat natürlich trotz Einzelzimmern, die uns der generöse Freistaat neben einer Verpflegungspauschale spendiert hat, vorzüglich funktioniert. Fortan grüße ich also auch noch alle anderen Studienreferendare auf den Fluren wohlwissentlich, dass ich ihren Namen schon einmal gehört habe. Die wirklich nützlichen und praxisnahen Inhalte kamen während dieser zwei Kompakttage aber leider viel zu kurz. Immerhin gab es Exkurse in effizienter Klassenführung (classroom management) und nonverbaler Kommunikation. Damit nehme ich nach den Ferien wenigstens nicht gleich jedes Fettnäpfchen mit und kann hoffentlich einiges umsetzen. Ansonsten lautet das Stichwort der Ausbildung Reflexion. Wir reflektieren uns, selbstständig und fortlaufend. Nach den ersten drei Wochen der Ausbildung hat man aber eher das Gefühl, das wir „überreflektiert“ sind (O-Ton Teilnehmer) bzw. so viel reflektieren, dass wir bald anfangen, von allein zu leuchten. Immerhin bin ich zum Vertreter der Seminargruppe gewählt worden. Ich wollte schon immer mal Klassensprecher sein. In der Schule hat es immer nur zum Stellvertreter gereicht, aber ich bin trotzdem zu allen Versammlungen gegangen (man überlese bitte nicht die Funken von Selbstironie). Was ich mir da für zusätzliche Arbeit eingebrockt habe, wird sich noch zeigen.
Am Ende der Ferien steht dann kurioserweise schon wieder die Vorfreude auf die Osterferien an. Aber im März geht es erst einmal zur Sache. Sechs begleitete Unterrichtsstunden sollen es dann sein. Und hätte ich in den Ferien schon effizient vorgearbeitet, wäre das bestimmt eine prima Sache, aber so werde ich mich wohl doch noch kurzzeitig von Stunde zu Stunde hangeln und hoffen, dass die Schüler weiter applaudieren… oder wenigstens grüßen und mitmachen.

Bildquelle: pixabay


4 Antworten zu „Endlich! Meine ersten Ferien“

  1. Avatar von Eric
    Eric

    Sehr cool!! Ich drück dir weiter die Daumen!

    Die ganze Sache ist auch sehr gut geschrieben. Vor allem untgerhaltsam. Da könnte man auch ein Buch drüber schreiben. Gibt es so etwas schon?!;-) Na ja, also weiter so. Bekommst ein fettes Binchen!!

  2. Avatar von Sebastian
    Sebastian

    Ja ein Buch dazu gibt es schon. Ebenfalls sehr unterhaltsam geschrieben
    „Fön mich nicht zu“
    Autor müsste ich nachschlagen.

    1. Avatar von Sebastian
      Sebastian

      Der Vollständigkeit halber:

      Fön mich nicht zu. von Stephan Serin

      Könnte das Buch sogar zuhause im Regal haben und auf Nachfrage ausleihen.

  3. Avatar von Herr Jott
    Herr Jott

    Seb, ich sag es nur ungern, aber der Herr Eric meinte das ironisch 😛 . Lehrerbücher und -geschichten gibt es inzwischen ja wie Sand am Meer und die Veröffentlichungen sind inflationär. Da darf ich also auch nicht fehlen 😉 .

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